Aktuelles DFG-Positionspapier – Wissenschaftliches Publizieren

19. Mai 2022

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat am 18. Mai 2022 das Positionspapier „Wissenschaftliches Publizieren als Grundlage und Gestaltungsfeld der Wissenschaftsbewertung“ veröffentlicht. Dr. Bernhard Mittermaier, Leiter der Zentralbibliothek (ZB) des Forschungszentrums Jülich (FZJ), ordnet das Papier ein.

Aktuelles DFG-Positionspapier – Wissenschaftliches Publizieren
Forschungszentrum Jülich

Herr Mittermaier, was ist der Hintergrund dieses Positionspapiers?

Die DFG bezieht damit Stellung in einer seit langem diskutierten Frage: Was macht den Wert einer Publikation aus? Eigentlich kennen alle die Antwort. Es ist die Publikation selbst, die gut oder schlecht ist; die echte Neuigkeiten bringt oder nur Bekanntes in neuem Gewand darstellt; die man rezipieren sollte, wenn man vom Fach ist, oder die man getrost überlesen kann. Tatsächlich schielen aber alle nach dem Ort der Publikation: Hat die Zeitschrift einen Impact Faktor und wie groß ist dieser? Ist es gar eine Nature-Index-Zeitschrift? Diese Bewertung von Publikationen wird dann aggregiert und auch zur Bewertung von Personen und Institutionen verwendet. Das Positionspapier möchte diese einseitige Bewertung von Publikationen erweitern.

Welche Folgen wird das Papier haben?

Die San Francisco Declaration on Research Assessment (DORA) war 2012 ein vielbeachteter Versuch, die Verwendung zeitschriftenbasierter Metriken bei der Evaluierung zurückzudrängen. Zu den unterzeichnenden Einrichtungen aus Deutschland zählen das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), das Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und die DFG. Dieses Positionspapier der DFG wird aber noch eine deutlich stärkere Durchschlagskraft als DORA haben und sicher auch in der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) eine erneute Diskussion der Metriken bringen. Es wird sich die Frage stellen, ob es richtig ist, dass in der Evaluierung der programmorientierte Förderung der HGF nur nach „ISI-/Scopus-referierten Zeitschriften“ gefragt wird. Man wird diskutieren müssen, ob es richtig ist – wie es in manchen Zentren geschieht – dass Publikationslisten mit „Impact Faktor größer X“ erstellt werden.

Was folgt daraus für den Zeitschriftenmarkt?

Das Positionspapier wird indirekt dazu beitragen, dass es neue (Open Access) Zeitschriften nicht weiter unnötig schwer haben gegen die Platzhirsche. Aktuell ist es so, dass wenn der Impact Faktor fehlt, die Zeitschrift unattraktiv für gute Publikationen ist. Denn man kann sie anderswo mit mehr „Nutzen“ veröffentlichen. Wenn in der neuen Zeitschrift deshalb nur „B-Ware“ publiziert wird, wird das Niveau dieser Zeitschrift nicht steigen können.

Welche Angebote hat die ZB, um gegenzusteuern?

Zurecht beklagt das Positionspapier, dass die bestehenden großen kommerziellen Recherchesysteme wie Web of Science und Scopus das gesamte Publikationswesen nicht annähernd abbilden. Derzeit wird das offene, nichtkommerzielle Recherchesystems OpenAlex aufgebaut. Die Zentralbibliothek beteiligt sich an seiner Adaption für deutsche Einrichtungen im Rahmen des Kompetenzzentrums Bibliometrie. Wir werden das System auch in den Open Access Monitor einbinden und für die Wissenschaftler:innen des FZJ vermutlich 2023 bzw. 2024 zugänglich machen.

Wissenschaftlichen Publizieren als Grundlage und Gestaltungsfeld der Wissenschaftsbewertung – Herausforderungen und Handlungsfelder (Positionspapier der DFG, Mai 2022)
Declaration on Research Assessment (DORA)
Kompetenzzentrum Bibliometrie
Open Access Monitor
OpenAlex

Ihre Ansprechperson der ZB

Dr. Bernhard Mittermaier
E-Mail: b.mittermaier@fz-juelich.de
Tel.: +49 02461 61-3013
Leitung der Zentralbibliothek

Letzte Änderung: 20.07.2022